Wir können nicht ununterbrochen aktiv sein und Leistung erbringen. Der Schlaf ist ein unverzichtbares Instrument der Erholung für Körper, Geist und Seele, er ist Grundbedingung für die Aufrechterhaltung von Gesundheit, Leistung und Wohlbefinden.
In der nächtlichen Ruhephase setzt unser Körper wichtige Reparatur- und Erholungsvorgänge in Gang, während sich Leistungs- und Wahrnehmungsfunktionen in der Nacht auf einem tieferen Niveau bewegen. Bereits leichte Schlafstörungen können die Lebensqualität drastisch vermindern – bei Kenntnis einiger Fakten zum Kuriosum Schlaf ist es Betroffenen durchaus möglich, ihre Probleme selbst zu lösen.
Obwohl unser Kreislauf von einem nächtlichen Funktionstief gezeichnet ist, ist Schlafen kein lebloser Ruhezustand, sondern vielmehr ein anderes Wachen: Für äussere Aktivitäten unabdingbare Prozesse werden heruntergefahren und dadurch freigewordene Ressourcen können zu Regenerationszwecken eingesetzt werden.
Rund einen Drittel unseres Lebens verbringen wir in Morpheus‘ Armen liegend und so könnte man meinen, dass wir sehr wohl wissen, zu welchen Teilen wir jeweils geschlummert bzw. wach gelegen haben – doch das ist ein Trugschluss: Nachts haben wir eine andere Zeitwahrnehmung, wobei ein paar bescheidene Minuten durchaus als ganze Stunde wahrgenommen werden können.
Das nächtliche Erwachen ist relativ häufig: In Untersuchungen zeigten sich pro Stunde vier Aufwachreaktionen – somit lassen sich bei sieben Stunden Schlaf bis zu 28 kurzfristige Wachphasen finden. Insbesondere Personen mit Schlafstörungen neigen dazu, ihre tatsächliche Schlafdauer zu unterschätzen: Wachen Betroffene öfters kurz auf, meinen sie, gar nicht erst geschlafen zu haben, zumal Schlafphasen, welche weniger als fünfzehn Minuten dauern, nicht als solche wahrgenommen werden.
Die verschiedenen Schlafstadien unterliegen einer periodischen Abfolge vierer Schlafstadien und dem REM-Schlaf (Rapid Eye Movement).
Das Einschlafen ist kein plötzlicher Prozess vom Wach- in den Schlafzustand, sondern vielmehr eine langsame, kontinuierliche, äusserst störanfällige, Veränderung: Die Aktivität im Gehirn lässt langsam nach, Gedanken zerfliessen und der Körper entspannt sich. So beginnt der Schlafverlauf mit dem Stadium S1 – der Übergang zwischen Schlafen und Wachen.
Sofern keine uns wach werden lassende Störeinflüsse auftreten, sinken wir kurz darauf in einen leichten Tiefschlaf, entsprechend wird das Schlafstadium S2 als eigentlicher Einschlafenszeitpunkt verstanden: Wir werden entspannter, unsere Körpertemperatur fällt um ein halbes Grad ab, das Herz schlägt ruhiger, wir atmen langsamer und regelmässiger.
Während den Tiefschlafstadien S2 und S3 sinkt die Entspannung, wobei währenddessen die nächtlichen Hormone Melatonin, Leptin und das Wachstumshormon in Aktion treten, auch das Immunsystem ist deutlich aktiv und nimmt wichtige Reparaturarbeiten vor.
Nach 60-70 Minuten wird der Schlaf flacher und schliesslich tritt nach 80-120 Minuten die erste REM-Periode auf – ein hoch aktiver Zustand, der durch Aktivierung von Herz- und Atemfrequenz charakterisiert und dem Wachzustand sehr verwandt ist.
Ein- und Durchschlafstörungen (sog. Insomnie) sind sehr häufig und wirken sich nicht nur auf den Schlaf, sondern auch auf den Wachzustand am Tage aus, da sie zu Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen führen.
«Transitorische Insomnie» bezeichnet Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, welche nur wenige Tage andauern. Diese Form von Insomnie wird gewöhnlich durch Aufregung oder Stress verursacht (z.B. Kinder, welche sich vor Schulbeginn nach den Sommerferien oder vor wichtigen Prüfungen und Sportveranstaltungen unruhig im Bett hin und her wälzen).
«Kurzfristige Insomnie» Anhaltender Stress kann den Schlaf über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen beeinträchtigen. Lässt der Stress nach oder gewöhnt man sich daran, normalisieren sich Schlafstörungen meistens wieder.
«Chronische Insomnie» Betroffene schlafen fast jede Nacht schlecht. Bei mindestens der Hälfte liegt die Ursache jedoch nicht am schlechten Schlaf, sondern körperliche Beschwerden oder psychische Probleme verursachen chronische Insomnie.
«Erlernte Insomnie» Wer unter Stress schlecht schläft, macht sich oft Sorgen über Einschränkungen der Funktionstüchtigkeit tagsüber, welche auf den Schlafmangel zurückgehen. Je mehr man sich allerdings um einen erholsamen Schlaf in der Nacht bemüht, desto mehr verschärft sich das Problem: Mit den Anstrengungen, Schlaf zu finden, wird die Wachheit und die Sorge um einen erholsamen Schlaf automatisch gesteigert.
Insomnie ist ein Symptom, welches stellvertretend für ein anderes gesundheitliches Problem steht.
Stress: In stressvollen Zeiten sind Manche anfälliger für Insomnie. Vergegenwärtigt man sich, dass Ein- und Durchschlafstörungen auftreten können und bald wieder abklingen werden, kann man leichter mit Phasen schlechten Schlafs umgehen.
Dauerstress (z.B. Probleme bei der Arbeit oder Partnerschaftskonflikte) kann den Schlaf stark belasten.
Psychische Probleme: Insomnie zählt zu einem der häufigsten Symptome bei Depressionen. Aber auch Personen mit anderen psychischen Störungen leiden oft unter schlechtem Schlaf. Bei entsprechender Behandlung kann der Schlaf verbessert werden.
Missbrauch von Schlafmitteln: Bei täglicher Einnahme verlieren Schlafmittel innert Kürze ihre Wirksamkeit! Werden sie abrupt abgesetzt, so kann sich die Schlafqualität zusätzlich verschlechtern.
Stimulantien: Stimulantien regen die Hirntätigkeit an und wirken sich negativ auf den Schlaf aus! Ein alkoholischer «Schlaftrunk» kann zwar den Einschlafprozess beschleunigen, macht aber den Schlaf während der Nacht störanfälliger und fragiler. Koffeinhaltige Getränke kurz vor dem Schlafengehen können nächtliches Erwachen provozieren, obwohl der Schlafeintritt nicht unbedingt beeinträchtigt wird. Nikotin kann zur Folge haben, dass Raucher langsamer einschlafen. Auch viele Medikamente (z.B. gegen Asthma und Erkältungen sowie zur Gewichtsabnahme) können sich störend auf den Schlaf auswirken.
Unregelmässiger Rhythmus: Die Nacht verläuft umso ruhiger, je klarer die Tagesstruktur ist. Schichtarbeiter sowie Berufstätige, die am Wochenende länger als unter der Woche arbeiten, sind besonders anfällig für Schlafprobleme. Dabei könnte es hilfreich sein, unter Berücksichtigung beruflicher Vorgaben einen regelmässigen Rhythmus zu entwickeln, um den Körper an das Schlafen und Wachsein innerhalb bestimmter Zeiten zu gewöhnen.
Untätigkeit: Menschen, die passiv, ruhig oder zurückgezogen leben, haben häufig Einschlafschwierigkeiten, weil sich ihre Untätigkeit am Tage negativ auf den Schlaf auswirkt.
Lärm: Auto- und Flugverkehr, aber auch Fernsehen und viele andere Geräusche können sich störend auf den Schlaf auswirken – selbst wenn der Schlaf nicht direkt unterbrochen wird.
Licht: Auch bei geschlossenen Augen kann Licht den Schlaf beeinträchtigen, da es durch die Augenlider dringt.
Anhaltende Hirnaktivitäten: Anhand von Aufzeichnungen des Schlafs mit Hilfe von Überwachungssystemen lässt sich nachweisen, dass manche Personen, welche sich über zu leichten und unerholsamen Schlaf beklagen, nicht die nötige Schlaftiefe erreichen.
Reflux: Bei Sodbrennen tritt Magensäure in die Speiseröhre über. Während des Schlafes kann aufgrund der liegenden Position und geringerer Schluckbewegungen die Magensäure nicht aus der Speiseröhre abtransportiert werden, sodass die Betroffenen unter Husten und Würgen aufwachen. Der Übertritt der Magensäure lässt sich manchmal vermeiden, wenn der Kopf 15 bis 20 cm höher gelagert wird.
Schmerzen: Auch Schmerzen (z.B. Arthritis, Fibromyalgie oder Rücken- und Kopfschmerzen) können sich störend auf den Schlaf auswirken. Dabei können oft simple vorbeugende Massnahmen entscheidend zur Entlastung beitragen, wie z.B. das Kissen anders positionieren, die richtige Matratze anschaffen oder schlaffördernde Verhaltensregeln vor dem Schlafengehen einhalten.
Schlafapnoe: Das Aussetzen der Atmung (während 20-90 Sekunden, 10-15 mal pro Stunde) in der Nacht führt zu unerholsamem Schlaf und hoher Tagesschläfrigkeit. Verschiedene Funktionsstörungen während des Schlafs verursachen zahlreiche Atemstillstände, die wiederum nächtliche Weckreaktionen zur Folge haben, an welche sich Betroffene jedoch nicht erinnern können. In ernsten Fällen von Schlafapnoe wird eine kontinuierliche positive Überdruckbeatmung (CPAP) eingesetzt. Dabei werden die Atemwege im Schlaf mit Hilfe einer Gesichtsmaske freigehalten, durch welche ein gleichmässiger Luftdruck abgegeben wird.
Restless Legs: Beim Einschlafen stellen sich Missempfindungen (Kribbeln, Ameisenlaufen oder Brennen) in den Extremitäten ein. Kurze Muskelkontraktionen verursachen dabei Zuckungen, die sich im 30-Sekunden-Abstand bei einer Dauer von einer Stunde oder länger wiederholen können; diese Episoden treten mehrmals in der Nacht auf. Dadurch kommt es zu zahlreichen Mikroarousals, welche den Schlaf insofern beeinträchtigen, als das er keine ausreichende Erholung bietet. Die Behandlung stützt sich auf Schlaftabletten, Eisenhaltige Ersatzpräparate, Schmerzmittel, gymnastische Übungen am Abend oder warme Bäder.
Wird das Bett für zweckfremde Aktivitäten (z.B. ausgedehntes Sinnieren, Lesen, Arbeiten, Essen oder Fernsehen) benutzt, so kann es zum Hinweisreiz für ebendiese Beschäftigungen werden und seine Stimulusqualität für Müdigkeit und Schlaf verlieren. Dabei wird es zum aufrechterhaltenden Faktor für Schlafstörungen und mit Wachsein assoziiert.
Die im Bett verbrachte Zeit soll auf die tatsächlich geschlafene Zeit begrenzt werden. Um den individuellen Schlafrhythmus zu ermitteln, wird anhand eines Schlafprotokolles und mittels eines Aktometers die im Bett verbrachte und die faktisch geschlafene Zeit über zwei Wochen im Tagesprofil gemessen; anschliessend wird die im Bett verbrachte Zeit auf die tatsächliche Schlafenszeit reduziert. Sobald sich die Qualität des Schlafes verbessert, ist der angemessene Zeitplan für den individuell benötigten Schlaf gefunden. (Bei dieser Technik ist eine bestimmte Schlafenszeit und nicht eine bestimmte im Bett zu verbringende Zeit vorgesehen.)
Ein bequemes Bett und ein dunkler Raum sind wichtige Voraussetzungen für einen guten Schlaf. Manche Menschen können sich leicht an eine veränderte Umgebung gewöhnen, andere reagieren empfindlich auf Änderungen in ihrer Schlafumgebung (z.B. erste Nacht im Urlaub). Belästigungen durch starke Lichtquellen im Schlafzimmer lassen sich leicht mit einfachen Mitteln beseitigen, wie z.B. dunkle Vorhänge und dimmbares Licht. Lärmbelästigung kann mit Hilfe von Hintergrundmusik oder Ohrstöpseln reduziert werden.
Stress ist ein Schlafkiller! Vor der Schlafenszeit durchgeführte Entspannungsübungen fördern die Einschlafneigung. Folgende Methoden sind sehr wertvoll, um Spannungen abzubauen und Schlafprobleme zu mindern: PMR, Autogenes Training, Imagination (positives Steuern gedanklicher Aktivität), Meditation, Biofeedback oder Hypnose. Ein positiver Effekt auf die Schlaffähigkeit äussert sich jedoch nur nach regelmässigem Üben, denn das korrekte Erlernen und Wissen um die der Übung zugrunde liegenden Mechanismen ist hierfür oft ausschlaggebend.
Ein bewusster Umgang mit eigenen Problemen und der feste Wille zur Problemlösung können sich positiv auf die Qualität des Schlafes auswirken. Gespräche mit Personen, zu denen ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, tragen dazu bei, sich der eigenen Probleme bewusst zu werden. Eine bewusste Auseinandersetzung mit eigenen Sorgen innerhalb eines täglich festgelegten Zeitkontingents empfiehlt sich sehr (evt. nehmen Sie Ihr Tagebuch mal wieder hervor oder verfassen Sorgenkärtchen).
Der Verdauungsrhythmus beeinflusst unseren Schlaf und umgekehrt reguliert der Schlafrhythmus die Verdauung! Das Abendessen sollte möglichst leicht sein, da es die Mahlzeit ist, welche dem Schlaf am nächsten liegt. Die erste Verdauungsphase beginnt unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme und dauert etwa vier Stunden, die gründliche Endverdauung setzt jedoch erst in der Nacht ein – denn sobald wir jeweils abermalig essen, beginnt die primäre Verdauung von neuem und hindert eine sofortige Endverdauung an ihrer Arbeit. Unzureichend gekautes Essen belastet Darm und Magen – langsam essen lautet die Devise.
Ein gesunder Lebensstil ist die wichtigste Voraussetzung für erholsamen Schlaf; die Einhaltung weniger Regeln kann dabei unterstützend sein.